Ist die Kritik an der Kriegsführung der Ukraine berechtigt?

Christian Gründlinger-Pröckl: Amerikanische Militäroffizielle kritisieren die Kriegsführung der Ukraine, was sagt uns das?
Wolfmeyer: Fakt ist, dass erstens, keiner der Amerikaner je einen solchen Krieg geführt haben, wo Material zum Teil fehlt, oder der Gegner um vier mal stärker ist. Ich glaube die Amerikaner überschätzen Ihre eigenen Fähigkeiten. In einem solchen Krieg, wären die Amis bereits wieder abgezogen und würden sich wochenlang einsperren und analysieren, warum sie so überlegen geschlagen wurden. Fakt ist, dass die Taktik und der Einfallsreichtum der Ukraine bislange der Erfolg dieses Krieges ist. Wenn die Ukraine sich zu sehr von Aussen in Ihre bisherige Kriegsführung reinreden lässt, dann kann das für die Ukraine sehr grosse Verluste bedeuten.
Ich kann mir nur an den Kopf greifen, wenn ich die Ratschläge höre, dass die Ukraine vom Osten die Gruppen abziehen soll, um im Süden mehr Personal zu haben. Das mag ja super funktionieren, wenn die Ukraine dann Gefahr läuft, dass sie erneut in Richtung Kiew angegriffen werden.
Nehmen wir mal an, die USA würde von irgend einem Land angegriffen werden und wir würden den Amerikaner raten, gib Washington auf, damit Du mehr Personal an der Front gegen den Feind hast.

Das ist genau das, was die Amis in Ihrem Land nie machen würden und auch die Ukrainer nicht. Esa handelt sich um deren Land, dass sie verteidigen und nicht um einen Militäreinsatz des US Militärs in Irak, wo das Menschenleben keine Rolle spielt. Der Amerikaner mag ja gerne andere Leben Opfern, aber die Ukraine wird dazu nicht bereit sein und das ist auch gut so. Ich halte diese Militärler, die solche Meldungen abgeben für Idioten und die sollten besser einen neuen Job suchen.

 

Christian Gründlinger-Pröckl: Was sollte die Ukraine Deiner Meinung nach machen?
Wolfmeyer: Die Ukraine hat mit eigener Taktik mehr erreicht, als die Amerikaner in dieser Situation erreicht hätten. Zudem hat weder ein Amerikaner, noch ein Europäischer Kommandant je eine solchen Krieg geführt, der ohne Lufthoheit ausgetragen wird. Wie gesagt, die Amis würden in solch einem Krieg bereits eingekesselt sein und nach der Mami schreien.
Die Ukraine sollte sich verstärkt auf die angewandte Taktik konzentrieren und nicht von Leuten drein reden lassen, die keine Ahnung haben und nur von Aussen betrachtet irgendwelche klugen Ratschläge geben wollen, die nicht so funktionieren, wie sie das in der Militärschule gelernt haben. Es fehlt den meisten dieser Besserwisser sowieso an Erfahrung in Kriegen, da diese nur mal in einem Schützengraben vermutlich die Munition eines Maschinengewehrs wechseln durften. Mir fällt da immer der Film „Steiner – Das Eiserne Kreuz“ ein, wo man deutlich sieht, wie Einige die Abzeichen bekommen haben.

Ich empfehle die Taktik der Ausdünnung, die in den Regionen angewendet wird, weiter zu verfolgen und sich im Süden wie bisher eine Stelle zu suchen, wo die Ukraine mit einem Überraschungsdurchbruch dann die Front der Russen in zwei Teile auftrennt.

Christian Gründlinger-Pröckl: In Medien werden ja viele Experten auch hier in Europa in die Medien eingeladen, welchem Experten kann man hier vertrauen?
Wolfmeyer: Das ist die grosse Frage, den inzwischen haben wir mehr Experten anscheinend als das Militär überhaupt Personal hat.
In Österreich habe ich dem Oberst Markus Reisner mal zugehört, da hab ich mich gefürchtet, dass wenn wir mal nen Krieg bekommen, das Alles ist, was wir vorzeigen können. Inzwischen muss er aber vermutlich einen Rüffel von wem bekommen haben, denn die Interviews werden jetzt besser, als die kindlichen Erklär-Videos am Anfang, die mit der Realität sehr wenig zu tun haben.

Jemand, dem ich sehr gerne zuhöre, ist General Erhard Bühle, der sich mit einem Potcast auf MDR „Was tun Herr General“ zu Wort meldet. Ein sehr erfahrener General, der auch auf die Situation der Ukraine reagiert und nicht von einer Militärschule getrimmt, einfach nur Begriffe in den Raum schleudert. Wenn es zu einem Krieg kommen würde, dann würde ich unserer Regierung eher empfehlen, den Rat des General Bühlers einzuholen.
Er kann sich aus distanzierter Sicht genau in die Umgebung der Ukraine hinein begeben und die Analyse aus Sicht der Ukraine beschreiben. Dies macht auch den Unterschied aus, warum es für den Zuhörer auch Authentisch und Nachvollziehbar ist.

Die anderen Kommentatoren möchte ich gar nicht lange erwähnen, da einige von den mir den Eindruck machen, dass sie noch nie zuvor eine Waffe in der Hand gehalten haben. Analysten auf Youtube, meist selbst einmal als Reservisten gedient, sind hier auch in Hülle und Fülle unterwegs, wobei ich hier einen Ukrainischen Flugpiloten hier empfehlen kann, der kleine Videos um die Geschehnisse der Ukraine macht, er nennt sich Danys Davydov. Ebenso gibt es einen Engländer, der zwar kein Militär Stratege ist, aber sich viel Arbeit macht, die einzelnen Berichte der Front zu sammeln und dann in einem kleinen Video anhand einer sehr detaillierten Karte zu erklären. Der Kanals nennt sich ATP Geopolitics und der Name des Betreibers ist Jonathan Pearce.

Natürlich gibt es auf Youtube auch Fake Kanäle, denen man nicht folgen sollte und wenn jemand behauptet, er warte erst auf die offizielle Bestätigung der Russen, nachdem Geodaten und Videos verfügbar sind, dann handelt es sich eindeutig um einen Russischen Troll. Wichtig ist, dass Ihr die Experten von den Möchtegern Experten unterscheiden lernt. Drum habe ich oben das Bild, damit Ihr wisst, dass die entscheidenden Ziele der Ukraine eine Verkürzung der Front ist und ganz sicher nicht in Richtung Osten weiter vorzudringen. Wenn dort Erfolge erzielt werden, dann eigentlich nur, weil die Ukrainer eine Möglichkeit sehen, den Geländegewinn zu nutzen um besser auf Nachschublinien feuern zu können.

Christian Gründlinger-Pröckl: Wer also Informationen zum Krieg sucht, der hat hier ja jegliche Möglichkeiten. Wie oft schaust Du Dir diese News an?
Wolfmeyer: Das hängt davon ab, wie viel Zeit ich habe, aber ca. jeden 2. Tag schaue ich kurz wo wir in der Ukraine stehen.

Christian Gründlinger-Pröckl: Du hat gesagt, die Amerikaner wären in diesem Krieg nie so weit gekommen. Können sich die Militärs hier etwas von der Ukraine abschauen?
Wolfmeyer: Das ist sowas von Klar. Ich glaube auch, dass die Beteiligten dieses Kriegstaktik der Ukraine sehr gefragte Experten für NATO und andere Länder werden. Hier geht es auch um Anpassung an bestimmte Situationen, die sich im Krieg erst ergeben. Das schnelle Reagieren auf Veränderung, das hat die Ukraine die Erfolge eingebracht und wird es auch in Zukunft tun.

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