Wer jetzt bereits auf Putins Grab tanzt

DBK Nach dem Aufstand von Wagner Chef Jewgeni Wiktorowitsch Prigoschin (russisch Евгений Викторович Пригожин) werden die Spekulationen laut, dass Putins Zeit gezählt ist. Wie siehst Du die schwierige Situation von Putin?
Wolfmeyer: Putin ist eigentlich bereits Tot, aber er will es noch nicht wahrhaben. Seine Paranoia macht es den Verrätern einfach Ihm vorzumachen, dass sie seine Freunde sind, denn sie müssen dafür nur einen Anderen als seinen Feind auszeichnen. Als ehemaliger Geheimdienstagent, würde ich Putin unterstellen, dass er nicht de klügste Agent war, wenn er die jetzige Situation nicht durchschaut. Seine Antagonisten werben bereits jetzt intensiv um Unterstützung, wenn er erst aus seinem Amt gestossen wurde. Ob er unweigerlich ums Leben kommen muss, oder durch andere Methoden aus seinem Amt geputscht wird, ist dabei unerheblich. Fakt ist nur, dass bereits die Zeit nach Putin, durch Bildung von einzelnen Bündnisse begonnen hat.
 

Wer könnte hinter einem Putsch Putins stecken?

Ein für Putin durchaus als vertrauenswürdig geltender Dmitri Sergejewitsch Peskow (russisch Дмитрий Сергеевич Песков), dessen Sohn Nikolai angeblich bei den Wagner Söldnern an der Front für die Ukraine gekämpft haben soll, zeigt hier bereits die Kontakte zu Prigoschin. Er könnte durchaus Putins Brutus sein. Er ist durchaus ein Kandidat für die Präsidentschaft nach Putin und wirb bereits darum.

 

Putins gefährlichster Herausforderer ist sicher der ehemalige Präsident Dmitry Anatolyevich Medvedev (russisch Дмитрий Анатольевич Медведев), denn er könnte eine weitere Amtszeit gut gebrauchen und fällt als Herausforderer Putins ja nicht so leicht auf, da er ja als Vorsitzender der Partei Einiges Russland auch politisch angriffiger sein darf. Er dürfte sich allerdings schwer tun, für seine Kandidatur Unterstützung von anderen politischen Richtungen erhoffen.

 

Ein unberechenbarer Kandidat, den Putin nicht aus den Augen lassen sollte ist Dmitri Olegowitsch Rogosin (russisch Дмитрий Олегович Рогозин). Der Rechtsnationale ehemalige Leiter der russischen Weltraumagentur Roskosmos, könnte durchaus einen Putsch zu seinen Gunsten unterstützen, da Putin in seinen Augen einen zu wenig agressiven Krieg in der Ukraine führt. Das Rechtsnationale Netzwerk dafür, könnte sich der Buchautor in den Jahren bereits aufgebaut haben.

 

Sergej Wiktorowitsch Lawrow (russisch Серге́й Ви́кторович Лавро́в) ein Mann mit Einfluss in der Politik und durchaus gute Kontakte zu einzelnen Oligarchen. In Russland wird er gehyped, weil er sich von Internationalen Politikern nichts sagen lässt. Seine Ambitionen kurz vor der Pensionierung noch als Präsident zu kandidieren, wäre durchaus denkbar. Wie Medvedev sicherlich nicht der Partner, dem man die Rückendeckung überlässt, wenn man von Feinden umgeben ist, weil sie sich selbst am Nächsten sind.

 

Ein Kandidat als Präsident, den Putin selbst ins Spiel bringen könnte, wäre Sergej Semjonowitsch Sobjanin (russisch Сергей Семёнович Собянин), der allerdings in Moskau keine grosse Beliebtheit hat, seit er die Plattenbauten in Moskau abgerissen hat. In einer Wahl würde er vermutlich keine Mehrheit bekommen und auch wegen seiner Nähe zu Putin wohl nicht viel Unterstützung erhalten von Systemchangern.

 

Könnte Dein ältester Freund auch Dein geheimer Feind sein? Nikolai Platonowitsch Patruschew (russisch Николай Платонович Патрушев) gehört wohl zu den Menschen, die Putins Umfeld am Besten kennen und auch seine Schwächen. Immer gibt es niedere Gründe für Verrat. Bei einer Kandidatur hätte er hier aber auch weniger Unterstützer von jenen Menschen in Russland, die ein System ändern wollen.

 

Ganz oben auf der Liste steht auch Dmitri Nikolajewitsch Kosak (russisch Дмитрий Николаевич Козак), der als guter Strippenzieher bekannt ist, wenn es Notwendig ist. Der Mann, der den Ukrainischen Präsidenten vermutlich ablösen sollte. Ob der Jurist, der Putin bereits mehrmals wegen Korruption und Misswirtschaft kritisiert hatte, nicht selbst auch einen Wandel unterstützen würde, lässt sich nur spekulieren.

 

Einer jener Kandidaten, die der Westen sich als Wunschkandidaten bereits ausgemacht hat, ist Michail Wladimirowitsch Mischustin (russisch Михаил Владимирович Мишустин). Wir wissen eigentlich nur, dass er ein IT-Nerd ist und sich nicht durch aufreisserische Reden heraustut. Als Parteiloser wird er vom Westen als nicht radikal eingestuft, was sich durchaus auch als Fehleinschätzung entpuppen könnte.

 

Wer auch immer diesen Systemsturz in Russland vorantreibt, versteckt sich ja ausgezeichnet im Beschuldigen Anderer. Es wird auch für den Geheimdienst nicht einfach sein, diesen Doppel-Aktiv-Agenten ausfindig zu machen, der hier nach der Macht strebt, aber er wird sich ja noch früh genug aus der Deckung begeben, wenn er sein Ziel erreicht hat.

Auch immer wieder genannt für die Nachfolge Putins, werden Sergei Kuschugetowitsch Schoigu (russisch Сергей Кужугетович Шойгу), Jewgeni Wiktorowitsch Prigoschin (russisch Евгений Викторович Пригожин) oder Ramsan Achmatowitsch Kadyrow (russisch Рамзан Ахматович Кадыров), die eigentlich aus meiner Sicht keine Möglichkeit hätten, sich längere Zeit an der Macht zu halten, ohne mit Anschlägen konfrontieret zu werden, weil ein Teil der Eliten sie ablehnen würde.

Pro Westliche Kandidaten wären natürlich auch möglich, wenn ein Grossteil der Oligarchen aus dem Ausland einen solchen Kandidaten unterstützen würden.

Auch eine Annahme, dass Alexei Anatoljewitsch Nawalny (russisch Алексей Анатольевич Навальный) bis zu diesem Zeitpunkt aus der Haft entlassen würde, und welchen politischen Kurs er für Russland vorsehen würde, wäre ja nach wie vor ungewiss. Nur weil Putin ihn einsperrt wurde, muss er ja nicht eine pro Europäische Politik vertreten.

DBK Was glaubst Du, wird auf Russland nach dem Ausscheiden Putins zukommen?
Wolfmeyer: Russland stand bereits vor dem Krieg vor dem Zusammenbruch und es wird den Russen so ergehen, wie eins Jugoslawien nach Tito (Josip Broz Tito). Die westlichen Oblaste werden nach und nach in Richtung EU streben und der Osten wird sich an den asiatischen Nachbar orientieren. Moskau wird für längere Zeit versuchen ohne den Westen einen Ausweg zu finden und sich stärker mit China austauschen, wenn der ehemalige Osten von Russland wegbricht. Hier entsteht dann die neue Gefahr durch China, dass diese Gebiete durch den neuen Feind eingenommen werden würden.
Für den Osten Russlands müsste die NATO zusammen mit dem Überbleibsel Russland vermutlich Ihre eigene Ideen der Landesaneignung, nun durch die Chinesen bekämpft werden. Das geteilte Russland würde nun selbst zur Ukraine werden und die NATO um Beistand bitten.

DBK Die Chinesen würden Ihren lange Zeit Verbündeten angreifen?
Wolfmeyer: Ein geschwächter Gegner ist für mächtige Länder immer eine Einladung. Aber ich glaube auch, dass die Chinesen dem selben Fehler unterliegen würden, wie die Russen im Ukraine Krieg und mit grosser Gegenwehr zu Rechnen hätten, weil der Osten Russlands bereits so oft von verschieden Mächten eingenommen wurde und sie endlich einen Ausweg daraus haben wollen würden. Der Westen würde auch hier neben Indien, Kasachstan und anderen Staaten hier eine entscheidende Rolle spielen.

DBK Also nach dem Krieg mit der Ukraine gäbe es wieder Krieg?
Wolfmeyer: Das hängt davon ab, wie Lebensmüde der Chinese wäre, um sich mit der dann vereinten Macht-Konzentration einzulassen. Die Chinesen würden sich das sehr wohl gut überlegen, wenn sie einen solchen Schritt anstreben würden, da es auch für China dann ein Zusammenbruch des eigenen Landes bedeuten könnte. Also sozusagen die Wiederholungstaste der Ramsan Achmatowitsch Kadyrow, Russen in China abspielen.

DBK Dann müsste der Westen diesen Krieg ja Befürworten?
Wolfmeyer: Die Zeit tickt schon lange in China und es wird so oder so ein Ende in China kommen, da die Diktaturen in der modernen Welt keine Überlebendchance haben. Wir können auch nicht bei jedem Land die Demokratie mit Kriegen anstossen, wenn diese ja vom Volk aus erobert werden muss. Wo die USA Kriege zur Demokratisierung durchgeführt hat, wurden nach einiger Zeit wieder Diktaturen eingeführt, weil das Volk sich aus eigener Kraft nicht dagegen zur Wehr setzt. Wer am Schulhof nicht verprügelt wurde, weil der grosse Bruder am Schulhof anwesend war, wurde verprügelt, als der Bruder dann auf eine höhere Schule gewechselt ist und den kleinen Bruder nicht mehr beschützen konnte, Wer sich immer darauf verlässt, dass Jemand Dir hilft, der wird nie selbständig werden. Darum unterstützen wir die Ukraine ja nur mit Waffen und nicht mit Soldaten, weil sie durch die Russische Unterdrückung Selbstbewusst geworden sind. Übrigens erleben wir diese Entwicklung gerade auch im Iran.

Der entscheidende Schritt zur Befreiung muss immer von der Bevölkerung ausgehen, weil es ja nicht bringt, wenn ich mich mit der Situation abgefunden haben, in der ich Lebe und mir jemand sagt, dass ich da raus muss. Es ist vielleicht etwas, dass wir nicht verstehen, wenn Menschen resignieren, weil sie es ja nicht so schlimm finden, wie wir.

Wir versuchen auch in anderen Ländern den Kapitalismus zu bringen, ohne den sie bislang besser gelebt haben, nur weil wir nicht verstehen, dass wir nicht mehr so frei sind, wie diese Völker. Wärst Du auf einer Insel mit Früchten und Tieren im Überflüss und Jemand würde Dir sagen, Du musst jetzt einen Buchhalter einstellen, weil Du ab jetzt für jede Frucht und jedes Tier Steuern bezahlen müsstest, dann wärst Du auf MEINER Insel nicht sehr lange anwesend.

Die westlichen Werte mögen ja funktionieren, oder auch nicht. Denn wir haben ja durch Kapitalismus mehr Elend geschaffen, als Heil gebracht. Anber ich glaube, das ist eine andere Geschichte, die ich in früheren Berichten bereits ausgeführt habe zu diesem Thema.

Jogy Wolfmeyer
Philosoph

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