Parade Monat der LGBTI+ darf nicht zur Witzenummer werden

Christian Gründlinger-Pröckl: Du hast gesagt, der Parade Monat Bedarf einiger Kritik und Lob, welche Dinge sind Gut oder Schlecht?
Wolfmeyer: Es gibt immer Kritik und Lob, wenn Du etwas machst. Das habe ich in meiner Zeit auch hin nehmen müssen, als ich noch Aktiv war. Man muss eben auch offen für Kritik sein und Diskussionen zulassen.

Mich stört halt momentan, dass es so scheint, dass die Grünen versuchen die LGBTI+ Community für ihre Politischen Agenden einzunehmen und wir hier endlich einen Riegel vorschieben müssen, was Woke-Bewegungen und Ausgrenzungen betrifft.

Christian Gründlinger-Pröckl: Inwiefern glaubst Du, dass die Parteien der Community schaden?
Wolfmeyer: Wir haben uns auf unsere Fahne geheftet, dass wir niemanden ausgrenzen, und dennoch wird die FPÖ von der Parade Wien jedes Jahr ausgeschlossen. Ich bin kein FPÖ Wähler, aber es gibt doch auch in der Community Menschen, die eine FPÖ wählen. Zudem sollten wir uns zu allen Parteien die Kanäle offen halten um für Verständnis und Akzeptanz zu Werben. Dies kann aber nur geschehen, wenn wir diese Akzeptanz auch ausleben, statt uns einer politischen Ideologie von Grün und Sozialisten anzuschliessen. Die Ausgrenzung sorgt auch für Abwehr von Ausgegrenzten, das darf man nie vergessen.

Christian Gründlinger-Pröckl: Du hast die Rainbow Flag auch erwähnt. Nun gibt es ja auch Leute, die diese Flagge für Veraltet halten und eine neuere Flagge bevorzugen, die alle Teile der LGBTIQ Community zeigen soll.
Wolfmeyer: Die Diskussion ist schon inzwischen so skurril, dass ich erst gar nicht darauf einsteigen würde. Stell Dir die selbe Diskussion in einem Internationalen Unternehmen vor. Der Fahrer vom Rettungswagen Zwischenbühel, will statt dem Roten Kreuz auf seinem Auto ein Lila Kreuz haben, weil er Zuhause Veilchen züchtet. Der nächste will ein gesteiftes Kreuz, weil er das schöner findet. Wir sind eine Internationale Vereinigung, wo solche Diskussionen einfach keinen Platz haben. Was der Einzelne in seinem Zimmer Zuhause oder auf der Parade herumschleppt, darauf haben wir keinen Einfluss, aber nach Aussen hin, sind wir mit dieser Regenbogen Fahne ersichtlich und dabei wird es bleiben. Egal ob Morgen jemand kommt und sagt, dass er Frosch-Sexuell oder Storch-Sexuell sein will, was ich im Übrigen als eine vollkommen lächerliche Diskussion sehe, wenn jetzt Jeder seine Sexualität selbst definieren will, wie es ihm gerade Spass macht. Das kommt auch bei der Bevölkerung sehr schlecht an, wenn solche sinnbefreiten Diskussionen in der Öffentlichkeit ausgetragen werden. Wie gesagt, wenn Jemand einen Frosch in die Regenbogen Flagge nähen will, dann soll er das machen, aber ich unterstütze keine solche Bewegungen, dass dies zur Plicht in der LGBTIQ Community wird.

Christian Gründlinger-Pröckl: Du gehörst ja zu denen Aktivisten der Community, die Bewegung in die Rechte der Homosexuellen gebracht hat, Du hast damals die ersten Veranstaltungen in Vorarlberg gemacht, wie kamst Du dazu?
Wolfmeyer: Als Erstes vielleicht dazu:
Ich habe in Vorarlberg keine Vorreiter Rolle gespielt, da würde ich Jenen den Ruhm streitig machen, die wirklich diese Ehre verdient haben.
† Bitsche Karl,† Germann Walter, Malojer Reinhard, Gabi Marthe, J. Karin,
waren hier die ersten Pioniere der LGBTIQ Community.

Chronik LGBTIQ Vorarlberg

Es gab zu meiner Zeit so 12 Vereine/Gruppen in Vorarlberg, die alle dazu beigetragen haben, dass wir Bewegung in die verschlafenen Strukturen gebracht haben.
† Hutter Siegried war zum Beispiel damals zusammen mit Anderen, wie Marchel, Herbert, Günther, Doris und Lydia M. beim LesBiSchwulen Formum sehr aktiv.

Es gab sehr viele Menschen, die sich die Ehre verdienen genannt zu Werden, wenn es um Verdienst ging. Die erste Jugendgruppe von Manfred Kogler, die dann von Gabi Greiner-Robin in Feldkirch weiter geführt wurde. Auch Homosexualität und Glaube von Johannes H.

Es war nach dem LebBiSchwulen Forum in Dornbirn eine Aufbruchsstimmung zu spüren, die dann auch in kleinen Streitereien führte, die von der HOSI Bregenz inzidiert wurde, weil sie sich in ihrer Rolle als globale Drehscheibe für Vorarlberg beschnitten fühlten. Statt mit den viele Gruppierungen gemeinsam an einem Strang zu ziehen, waren Quereleien eben vorprogrammiert.
Ein bereits eingereichtes Projekt, dass Lesbisch, Homosexuellen und Bisexuellen eine Räumlichkeit verschafft hätte, wurde von der HOSI hinterrücks ausgebremst, indem sie bei der damaligen Zuständigen Politikerin Greti Schmidt ihr Veto eingelegt hatten, obwohl sie das Projekt zuvor begrüsst hatten. Ein Jahr später versuchte dann die HOSI unter Stadelmann das selbe Projekt, dass ich ausgearbeitet hatte, beim Land einzureichen.

Christian Gründlinger-Pröckl: Selbst wenn man für die Sache gekämpft hatte, war man unter Beschuss? Wie geh man damit um?
Wolfmeyer: Ich habe diese Intrigen versucht zu ignorieren, gleich, wie auch Andere, die zu der Zeit tätig waren. Die versuche hier böses Blut zu verspritzen beschäftigt die Community ja bis Heute noch. Bis darüber Gras gewachsen ist, wird auch eine lange Zeit brauchen.

Christian Gründlinger-Pröckl: Jetzt hast Du aber auch eben den besagten Paragraphen 209 StGB aus dem Gesetzbuch verbannt, wie spielte sich das ab?
Wolfmeyer: Ja es ging damals eigentlich eine Bundestagung der LGBTIQ Vereinigungen aus ganz Österreich voran. Hier trafen wir uns und legten das Hauptaugenmerk auf verschiedene Themen, die wir vorantreiben wollten und darunter war auch der 209er.
Die Rosa Lila Panther hatten hierzu ja bereits Infomaterial zusammen getragen gehabt und wir wollten hier eigentlich ein gemeinsames Vorgehen erreichen, wie wir das Thema wirkungsvoll unter die Leute bringen konnten.
Es war ja vermutlich die PR Aktion, die einen jungen Besucher, den ich aus unserer Gruppe wegen störenden Verhaltens rausgeworfen habe, der Antrieb, mich wegen dieses Paragraphen anzuzeigen. Was er natürlich damals nicht wusste, dass zwischen seiner Anzeige schon die Telefone mit den Bundesgruppen heiss liefen und wir uns überlegen mussten, wie wir aus dieser frei erfundenen Anzeige, eine Aktion machen können, die PR Wirksam wird.

Vor allem ging es darum, wie ich ohne die Anzeige vorab abzuschmettern, diesen Fall vor Gericht bringen kann. Behaupte ich bei der Polizei, das dieser Tatbestand nicht stattgefunden hat, dann landet der Fall nicht vor Gericht. Es ging also auch darum, wie bekommen wir eine astreine Anzeige, ohne zu Lügen. Ich war ja damals sehr jung und es gab Jemanden, der 2 Wochen vor seinem 18 Geburtstag mit mir zusammen war. Ich musste also versuchen, dass er bei Gericht aussagt, obwohl er dies erst nicht tun wollte.
Wir brauchten diesen Fall und darum hatten wir dann eine Einigung, dass eine Aussage bei der Polizei hier aufgenommen wurde um das Verfahren einzuleiten.

Ich musste jetzt nur meine Aussage bei der Polizei verweigern, um nicht Gefahr zu laufen, dass der eingebrachte Fall aufgehoben wird.

Dann ging es mit Flyern und riesiger PR Richtung Landesgerichtshof, wo mir kurz vor der Verhandlung eine Rechtsanwältin statt dem Rechtsanwalt hingestellt wurde. Die ganze Planung, die mit dem Rechtsanwalt besprochen wurde, wurde der Rechtsanwältin nicht mitgeteilt und somit waren wir auf den Richter angewiesen, den wir ja vorher nicht kontaktieren konnten, was wir vorhaben.
Der Richter Mück, vom Landesgericht durchschaute allerdings zum Glück sofort, was das Ziel unserer Aktion war und hat mit einem bedingten strengen Urteil, die weiteren Schritte geebnet. Nun rollte eine Bundesweite Aktion gegen den Paragraphen 209 an, mit dem Ziel den über Gerichte auszuschalten.

Ein Weisheitszahn, den ich damals noch genau im ganzen Stress hatte, zeigte mich noch gezeichneter, als ich es ja schon war. Wie wird das Oberlandesgericht Innsbruck urteilen, was, wenn das Urteil strenger ausfällt und eine Gefängnisstraffe folgt.
Alle LGBTIQ Vereinigungen hatten bis zur Verhandlung Öffentlichkeitsarbeit gemacht und die Menschen mit dem Thema konfrontiert. Nun warten auch noch 2 andere Fälle aufgetaucht, die eine grossflächige Diskussion angestossen hatten. Meine Nerven lagen am Boden, den der erste Fall im Osten hatte eine Gefängnisstraffe zur Folge und schlimmeres. Ich zweifelte inzwischen daran, ob wir auf die richtige Karte gesetzt haben, indem wir die Entscheidung dem Gericht überlassen wollen.

Die ganze Community, die zu dieser Zeit an meiner Seite stand, der verdanke ich auch, dass ich hier bis zur Verhandlung durchgehalten habe. Es war eine Meisterleitung dieser Menschen, die sich für den Erfolg damals mitverantwortlich zeigen können. Ich möchte mich auch hier persönlich bei all Jenen bedanken, die mit ihrem Einsatz hier Teil des Erfolges waren.

Danke an alle Aktivisten, die es ermöglicht haben, dass der Paragraph 209 StGB in Österreich Geschichte ist!

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