Teuerung ist keine Verantwortung der Krisen

DBK: Die Teuerung ist aktuelles Thema in Österreich. Haben die Krisen diese Teuerung bewirkt?
Wolfmeyer: Klare Nein. Krisen können Teuerungen nur dann beschleunigen, wenn die Kaufkraft unzureichend ist. Hätte Österreich mehr auf die Kaufkraft der normalen Österreicher gesetzt, als die Entlastung der Reichen in diesem Land, hätten wir wie Schweiz, keine grosse Auswirkung gespürt.

DBK: In der Bevölkerung und von Regierungen wird immer die EZB für die Inflation verantwortlich gemacht. Inwiefern hat die EZB hier eine Verantwortung?
Wolfmeyer: Eigentlich gibt es immer Ursache und Wirkung. Wir müssen uns erst fragen, warum musste die EZB die Zinsen senken. Dabei kommt die von mir schon oft zitierte Export/Import Wahnsinn wieder ins Visier. Die ÖVP hat stets gejubelt, wenn die reichen Freunde wieder einen Rekord Export verzeichnen konnten. Die Unwissenheit der Bürger ist, dass dabei die Umsatzsteuer wegfällt für den Staat. Ich habe immer wieder darauf hingewiesen, dass eine halbe Umsatzsteuer auf Exporte und Importe einen Gewinn für Österreich bringen würde, weil die Steuern dann im Land bleiben und Firmen in Steueroasen verhindern.

DBK: Also die Steuern für Importe müssen 50% von dem Empfängerstaat sein und 50% des Herkunftsstaates?
Wolfmeyer: Genau, dann haben eben auch die Staaten etwas davon, die hier als Billigproduktionsland missbraucht werden. Gewinner wären dabei eben beide Seiten, wenn wir endlich dieses System einführen würden.

DBK: Die EZB musste auf Wirtschaft regieren?
Wolfmeyer: Ja auch haben wir die über die Jahre immer wieder erlebt, dass Reichensteuern abgelassen wurden, statt dessen bei Lohnverhandlungen der Arbeitern und Angestellten immer wieder ein Grund gefunden, dass die Inflation nicht abgefedert werden kann. Wir haben gerade eine Krise, die Zeiten sind nicht gut, um über Erhöhungen zu sprechen. Die Gewerkschaften wurden zum Bösen für die Turbo-Kapitalisten, die bekämpft werden müssen. Statt die Sozialleistungen zu sichern, die der Berufstätige ja trotzdem bezahlt, wurden diese Sozial-Sicherungsnetze hergenommen, um nun das fehlende Geld als Schuldigen zu definieren. Im Gesundheitswesen sollte gespart werden, bei Pensionen wurde die Neiddebatte gestartet, ebenso bei Arbeitslosen. Dies alles darum, damit die Reichen weniger Steuern bezahlen wollen.

DBK: Arbeitslose waren ja immer ein sehr gefragtes Thema bei ÖVP und FPÖ.
Wolfmeyer: Wir haben das Problem, dass bei Arbeitslosen ja vom Bürger nicht differenziert wird. Ein Grossteil der Arbeitslosen sind ja von der Politik selbst erzeugt. Ein Teil der Arbeitslosen hatten wir nicht, weil man als Arbeitsunfähiger ja Anspruch auf Pension hatte. Die ÖVP hat diese Menschen den Zugang zu einer Pension erschwert und jahrelange in die Arbeitslosigkeit verbannt. Es gab zum Beispiel keine Übergangslösung, wo man Bürger mit körperlichen Gebrechen in eine Art Förderung der Gesundheit zu ermöglichen, statt diese in die Notstandshilfe hinein laufen zu Lassen. Eine Notstandshilfe verhindert hier auch die Liquidität für zusätzliche Behandlungen dieser Personengruppe. Zudem ist die Arbeitslosenversicherung ja das was sie ist, eine Versicherung. Wir diskutieren uns das soziale Netz weg, dass wir einzahlen. Man merkt dies erst, wenn man selbst in diese Situation kommt. Ein kleiner Unfall kann Jeden treffen und dann ist es zu spät, wenn man sich erst dann dafür einsetzt, dass die Regierung das Auffangnetz abgeschafft hat, um den Reichen die Steuern zu Senken. Weiter sind auch polemische Behandlungen von Arbeitssuchenden greifen auch bei der Bevölkerung, wenn es darum geht, die Arbeitslosen als Arbeitsunwillig zu bezeichnen. 1. Wird ein Bäcker wohl kaum als Netzwerktechniker/in bewerben können, weil die Ausbildung dazu nicht gegeben ist. 2. Wenn 10 Schreiner/in in Vorarlberg gemeldet sind und in Kärnten und Burgenland je 5 Schreiner/in gesucht werden, dann wird das ja nicht viel nutzen, dass man diese Menschen dann als arbeitsscheu bezeichnen? 3. Man drängt in vielen Regionen Menschen in eine Beschäftigung, wo sie durch eine Anstellung weniger bekommen, als durch das bereits schon geringe Arbeitslosengeld hat, weil diese/r dann jeden Tag auswärts Essen muss, oder eine teure Anfahrt zum Arbeitsplatz hat. Das AMS will Leuten, die mit einer Anstellung, die durch eine Arbeitsplatzwahl gravierende Nachteile hat auch noch die Unterstützung streichen, ohne diese Entscheidung zu hinterfragen. Die Liste der Polemik gegen Arbeitslose dieser ÖVP-Regierungsbeteiligung ist inzwischen einfach ewig Lang.

DBK: Was wäre ein wirkungsvolles Mittel, um die Arbeitslosigkeit zu Senken?
Wolfmeyer: Alles, ausser immer gegen diese Menschen zu hetzen. Wer lange Zeit in ein System eingezahlt hat, erwartet sich auch Unterstützung, statt Bestrafung. Es würden sich viel mehr Leute Selbständig machen, wenn dazu ein gutes Auffangnetz zur Verfügung stünde. Gerade Menschen mit viel Erfahrung könnte man hier gezielt Vernetzen und Fördern. Wieso gibt es keine Branchentrennungen, wo man gezielt diese Menschen zusammen führt. Vielleicht würde daraus sogar etwas Gutes entstehen, wenn man durch Weiterbildung Menschen zusammenführt, die gemeinsam aus Ihrer Arbeitslosigkeit heraus kommen könnten. Es wird hier einfach seitens des AMS viel zu wenig mit Hausverstand gearbeitet. Warum nicht die Arbeitslosengelder weiter bezahlen, wenn sich Jemand selbständig zu machen versucht. Es ist immerhin besser, als Zuhause zu Sitzen und Nichts zu Tun. Hier könnten ja sogar Jobs geschaffen werden, dass jemand vom AMS für die Buchhaltung eingesetzt wird. Die Regierung hat einfach eine zu angehobene Sicht, um die einfachsten Dinge zu Sehen, die möglich wären.

DBK: Wieder zurück zur Teuerung. Wie kommen wir aus dieser Situation heraus?
Wolfmeyer: Also, dass was die EZB bewegt hat, die Zinsen zu Senken, beruht auf Kaufkraft, das nicht mehr im Kreislauf der Wirtschaft ist, sondern auf den Konten und Investitionsmitteln der Reichen. Die EZB wollte mit der Senkung die Reichen dazu bewegen, ihr Vermögen wieder in den Wirtschaftskreislauf zu bringen, während die ÖVP weiter die Reichen mit Geld gefüttert hat und so die Zinssenkung eigentlich nur den Armen geschadet hat. Also im Grunde hat die ÖVP aufgrund ihrer Wirtschaftspolitik dann die nächste Zinssenkung ausgelöst, die dann ja erneut wieder ins Leere führte, weil die Wirtschaftspartei noch nicht begriffen hat, dass die Umverteilung von Unten nach Oben das Problem der EZB ist. Schlussendlich hat uns die ÖVP diese ganze Inflation überhaupt erst eingebrockt. Natürlich hat die gleich einen Schuldigen gesucht, nämlich die EZB.

DBK: Also verdanken wir die Inflation eigentlich der Pro-Reichenpolitik?
Wolfmeyer: So ist es. Dadurch, dass die Konservativen ja Europaweit in vielen Ländern regieren, kam ja der Vorschlag des BGE (Bedingungslosen Grundeinkommen), damit dieser Politik, die für die EZB ja eine riesige Belastung ist, zu Stoppen.

DBK: Jetzt ist es ja wieder die ÖVP, die das BGE verhindert. Kommen wir irgendwann aus dieser Zwickmühle heraus?
Wolfmeyer: Solange die Bevölkerung sich von den konservativen Parteien blenden und gegeneinander aufhetzen lässt, wird nicht viel passieren. Wenn eine Wende zu einer Liberalen, also Mitte-Regierung erfolgen würde, dann wäre das BGE längst eingeführt. Der Wohlstand sichert dieses BGE und sorgt für Stabilität in Krisen. Die Reichen sollten inzwischen begriffen haben, dass nur der gesamte Wohlstand ihr Geld sichert. Sollten sie das nicht, dann sehe ich nur eine Möglichkeit, das wir die Trabende Inflation herbei sehnen und zusehen, wie die Reichen ihr ganzes Vermögen in kurzer Zeit verlieren. Scheinbar gibt es ja nur diese Möglichkeit, dass wir aus dieser Politik heraus kommen. Ich bin davon überzeugt, dass die Menschen, die gerade unter der Inflation leiden, sich inzwischen darüber Gedanken machen, wie das passieren konnte und sich mit Wirtschaftsthemen vielleicht mehr beschäftigen werden.

DBK: Jetzt stellen Grüne und ÖVP gerade ihre Massnahmen gegen die Inflation vor, was sollen wir davon halten?
Wolfmeyer: Ja die Reichen werden erneut gerettet und die Armen sollen dies finanzieren. Bzw. die Armen sind eh schon aus der Rechnung draussen, das übernimmt jetzt der Mittelstand. Die grossen Kapitalisten freuen sich bereits jetzt, dass die Grünen diese Politik der ÖVP mittragen. Vor Allem, weil man ja die Grünen in der Opposition jetzt ja Toben hören würde bei diesen Massnahmen. Mir war ja vor dieser Regierung schon klar, dass die Grünen mit Allem mitgehen werden, denn in Vorarlberg haben sie das ja schon gezeigt, dass sie die Neue Grüne ÖVP sind.

DBK: Was würde wirklich gegen die Inflation helfen?
Wolfmeyer: Also der Ansatz mit der Mehrwertsteuer ist ja gut, aber wenn wir das BGE einführen würden, dann wäre das Kontraproduktiv. Allerdings würde ich, wie bereits vor vielen Jahren schon gesagt, die Mehrwertsteuer Halbieren. Statt 10% nur 5% und statt 20% nur 10%. Auch nach dem Vorbild Schweiz, dass ja unterschiedliche Mehrwertsteuern hat, lässt sich einiges Abschauen. Es könnte für verschieden Produkte auch unterschiedliche MWSt geben. Grundversorgung zum Beispiel nur mit 5% besteuern und Elektronik mit 10%, Luxus mit 20%
Weiter falls ein BGE nicht eingeführt wird, müssten Arbeitslosengeld/Notstandshilfe auf € 1.300.- Mindestzahlung angehoben werden bis Ende des Jahres, wie auch die Pensionen erhöhen oder die Steuern dort streichen. Ich erübrige mir zudem alle Mineralölsteuer Diskussionen, wenn ich Gehälter unter € 1.700.- zeitweilig von Steuern befreie und dies stufenweise bei den darüberlegenden aliquot reduziere.

DBK: Also einfache Massnahmen, die keine Giesskanne wären?
Wolfmeyer: Ja zudem könnte der Staat auch Strom und Gasrechnungen von armen Menschen übernehmen, was über die Kommunen sicher einfach abzuwickeln wäre.

DBK: Wäre die EZB dann in der Lage die Zinsen bis Herbst wieder hochzufahren?
Wolfmeyer: Ja die EZB könnte dann sogar auf ca. 0,5% oder mehr wieder rauffahren. Allerdings müsste die Regierung dann ein gerechtes Steuermodel für 2023 vorbereiten, wo die Reichen wieder zum Wohlstand des Landes beitragen müssen, sonst würde das Ganze wieder von Vorne beginnen.

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