Weitreichende Machtverluste für Russland

DBK: Bereits am 21. Februar 2022 hast Du gesagt, dass der Schuss für die Russen nach Hinten losgehen könnte. Was genau war damit gemeint?
Wolfmeyer Wir haben ja damals ohne Einbindung der Öffentlichkeit gesprochen, dass die Belarussen und Tschetschen die Schwäche Russlands durch den Angriff ausnutzen könnten. In Belarus steht dies ja unmittelbar bevor, bei den Tschetschenen könnte dies noch etwas dauern.

DBK: Aber genau in diesen Gebieten wird Russland ja derzeit von den Regierenden unterstützt
Wolfmeyer Installierte Regierungen von Russland spiegeln nicht das Befinden der dort lebenden Bevölkerung wieder. In Warschau sind bereits geflüchtete Belarussen zur Russischen Botschaft marschiert, um gegen den Krieg zu demonstrieren. Dies wird sich bald auch in Belarus zeigen. Ebenso, wie Lukatschenko, ist Ramsan Kadyrow in Tschetschenien schwer angeschlagen durch den Krieg. Die Bevölkerung kann diese Schwäche der Regierungsspitzen derzeit als Ausweg nutzen, um sich in Freiheit zu kämpfen.

DBK: Also würde Russland somit 2 Bereiche zusätzlich verlieren?
Wolfmeyer Ich glaube nicht, dass diese 2 Regionen das Ende sind. St. Petersburg ist durchaus auch eine mögliche Quelle für Unabhängikeitsbewegungen bis hinauf zur Europäischen Grenze Finnlands. Dies entsprichtz der Darstellung der Ukrainer der Entrussifizierung, aber eben durch Russland selbst herbeigeführt.

DBK: Würde das bedeuten, dass Russland durch Verhandlungen mit der Ukraine einen Teil des Dornbass gewinnen würde, aber dadurch einen Teil Russlands gezwungen wäre zu opfern?
Wolfmeyer Das wäre der logische Schluss, wenn es für Russland nicht zu einer Abänderung der derzeitigen Regierung kommt. Sprich die Eliten müssten auf Putin verzichten, um Teile Russlands wieder durch Vertrauen in Regierung an sich zu Binden. Allerdings glaube ich, dass es dafür bereits zu spät ist und der Zusammenbruch von Russlands durch Putin bereits eingeleitet wurde.

DBK: In besetzen Gebieten der Russen bildet sich jetzt bereits Wiederstand, gegen die Belagerer, was könnte hier noch folgen?
Wolfmeyer In Moldawien, Georgien und Aserbaidschan beobachten wir das ja bereits, aber auch für Assad in Syrien könnte die Kriegsschwäche der Russen bereits das Aus seiner Regentschaft eingeläutet haben. Was wir nicht wissen, wie sich der Osten von Russland verhält, der ja eigentlich nicht sehr dicht besiedelt ist, aber eigentlich auch eher als Eroberte zählt, als den Russen zugehörig.

DBK: Das würde ja bedeuten, dass sich der Krieg oder ein Bürgerkrieg unmittelbar vor den Augen der Russen abspielen könnte.
Wolfmeyer Die Zeichen, dass dies passiert stehen ja bereits in diese Richtung. Ich glaube es braucht nur noch einen Funken, bis sich das explosive Gemisch entzündet. Allerdings sehe ich auch, das der nahe Osten den Einfluss der USA stark bekämpfen wird und sich das Selbe ereignet, was wir gerade in Europa erleben, die Stärke einer Gemeinsamkeit der Nationen.

DBK: Die Entstehung einer sogenannten „EU“ im Nahen Osten?
Wolfmeyer Wenn nicht sogar die Annäherung des Nahen Ostens an die EU. Teile des afrikanischen Kontinents waren ja bereits einmal Teil von Europa. Ob gebietsmässig oder wirtschaftlich, wird es zu einer grossen Vereinigung kommen. Vom Iran bis nach Ägypten war einst da Römische Reich, da besteht ja auch noch viel Gemeinsames, dass wir bereits vergessen haben. Auch wenn sich viele Europäer das derzeit nicht vorstellen können, dass diese Länder in naher Zukunft eine wirtschaftliche Macht mit der EU bilden werden, ist es längst in der Geschichte vorher bestimmt.

DBK: Welche Rolle hätte dann die USA in Europa?
Wolfmeyer Die Rolle der USA wurde ja bereits von Trump besiegelt, der die Amerikaner zu unzuverlässigen Partnern gemacht hat. Was passiert, wenn Trump die nächste Wahl gewinnt, dann würde Europa sowieso wieder Alleine dastehen. Diese Entwicklungen waren sehr wichtig, um Europa zur jetzigen Stärke zu entwickeln. Die USA wird über Kurz oder Lang für Europa eine geringere Bedeutung haben.

DBK: Europa könnte also zu einer Art Weltmacht werden?
Wolfmeyer Wirtschaftlich ist Europa bereits eine Weltmacht, aber man hat sich über die Jahre hinweg immer klein Geredet. Die USA hat diese Schwäche Europas ebenso ausgenutzt, wie die Russen. Es wird eigentlich Zeit für Europa endlich Erwachsen zu Werden.

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